Es gilt das gesprochene Wort

 

Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden der F.D.P./FWG-Stadtratsfraktion zum Haushaltsplan 2021

 

Sehr geehrter Frau Bürgermeisterin,

sehr verehrte Stadtratskolleginnen und -kollegen,

geschätzte Mitarbeiter der Verwaltung,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

zuerst ein kurzer Rückblick auf das abgelaufene Haushaltsjahr 2020. Im Jahr 2020 konnte die Zuführung zum Vermögenshaushalt mit ca. 2,8 Mio. Euro in etwa wie geplant durchgeführt werden. Ferner hat offensichtlich unsere regelmäßig vorgetragene Kritik, die Personalkosten realistisch und nicht ständig überhöht anzusetzen, zum zweiten Mal in Folge Früchte getragen. Die Personalaufwendungen bewegten sich damit im geplanten Rahmen.

Wie in den Vorjahren wurden die Kreditermächtigungen bei weitem nicht genutzt. Wieder wurden mehr als 6,5 Mio. Euro nicht in Anspruch genommen. Bis dato ist nicht genau bekannt, wie viel von dieser Kreditermächtigung tatsächlich noch gebraucht wird.

In der vom Stadtrat am 19.02.2020 beschlossenen Haushaltssatzung für das Jahr 2020 waren im Investitionsprogramm Ausgaben von ca. 11,3 Mio. Euro vorgesehen. Um diese Investitionen finanzieren zu können, wurde die Kreditermächtigung über den Betrag von 6,5 Mio. Euro erteilt. Aus dem Investitionsprogramm des Jahres 2020 wurden durch die Verwaltung (Stand 21.01.2021) Ausgaben von mehr als 6 Mio. Euro und damit mehr als 50% der geplanten Anschaffungen gestrichen.

Aus der Kreditermächtigung für das Jahr 2019 wurden im Jahr 2020 noch 3 Mio. Euro Darlehen in Anspruch genommen, um damit im Wesentlichen außerplanmäßige Grundstückskäufe des Jahres 2020 zu finanzieren. Auch konnte die Stadt Bogen durch den Gewerbesteuerersatzbeitrag des Bundes und des Landes in Höhe von 950.000 Euro die durch Corona bedingten Steuerausfälle kompensieren.

Aufgrund der vorgenannten Sachverhalte, gibt es keine für uns nachvollziehbaren Gründe, welche ein Festhalten an der bestehenden Kreditermächtigung rechtfertigen könnten. Ebenso wenig geben diese Zahlen Anlass von den ursprünglichen 6,5 Mio. Euro einen Haushaltsrest von 3 Mio. Euro in das Jahr 2021 vorzutragen.

Das Unwesen der Vorratskredite wird seit Jahren von unserer Fraktion gerügt und trotzdem ohne Not weiterhin betrieben. Die Verwaltung praktiziert damit Haushaltspolitik vorbei am Stadtratsgremium, entgegen den Regelungen in der Bayerischen Gemeindeordnung und der Geschäftsordnung der Stadt Bogen.

 

Wozu wenden wir Stadträte für die Haushaltsvorberatung 2 volle Tage Zeit auf und beschließen dann im Stadtrat eine Haushaltssatzung, welche dann durch die Verwaltung nicht umgesetzt wird? Warum werden wir als Stadträte nicht informiert, wenn mehr als 50% des für das Haushaltsjahr 2020 geplanten Investitionsprogrammes einfach gestrichen wird? Unsere Fraktion wird das in Zukunft mit Sicherheit nicht mehr akzeptieren.

 

Bei dem vorgestellten Haushalt des Jahres 2021 wurden, nach Auffassung unserer Fraktion, auf der Einnahmenseite realistische Zahlen geplant. Die detaillierten Zahlen, der uns zur Abstimmung vorliegenden Haushaltssatzung 2021, mit einem Gesamtvolumen von rund 22,8 Mio. Euro im Verwaltungshaushalt und rund 10,4 Mio. Euro im Vermögenshaushalt, wurden bereits durch Frau Bürgermeisterin Probst bekannt gegeben.

 

Für das Wirtschaftsjahr 2021 ist durch die Frau Bürgermeisterin und die Verwaltung eine neuerliche Kreditaufnahme von rund 5 Mio. Euro geplant. Ebenso soll wie oben ausgeführt an der bisher nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigung für das Jahr 2020 mit einem Teilbetrag in Höhe von rund 3 Mio. Euro festgehalten werden.

 

Diese Haushaltsplanung hat eine Pro-Kopf-Verschuldung jedes Bogener Bürgers von etwa 3.000 Euro zur Folge. Die Dramatik dieser Entwicklung wird bewusst, wenn wir sehen, dass dieser Betrag am 31.12.2017, also vor gut drei Jahren, ca. 800 Euro pro Kopf betrug. Eine pro Kopf-Verschuldung von 3.000 Euro bis zum 31.12.2021 bedeutet eine Steigerung um rund 375% in 4 Jahren.

 

Selbst bei Berücksichtigung der Tatsache, dass hier in Teilen Grundstückswerte entgegenstehen, nimmt uns dieses hohe Kreditvolumen für die nächsten Jahre jeglichen Gestaltungsspielraum. Erst mit Rückführung der Kredite durch Grundstücksverkäufe hat der Stadtrat wieder die Möglichkeit die Zukunft der Kommune zu beeinflussen. Um hier vernünftige Planungsgrundlagen zu schaffen, ist es nach unserer Auffassung unumgänglich eine umfassende Bestandsaufnahme aller gemeindeeigenen Immobilien durchzuführen. Das mindeste ist jedoch eine Aufstellung über alle zur Veräußerung vorgesehenen Grundstücke. Wir müssen zwingend einen langfristigen Investitionsplan mit realistischen Zahlen erstellen. Dies wurde durch die Fraktion der FDP/FWG bereits letztes Jahr gefordert. Passiert ist bis heute nichts.

 

Die unendliche Geschichte des Grundschulneubaues bekommt nunmehr zumindest etwas Struktur durch die Ausschreibung der Ingenieur- und Fachplanerleistungen. Vielleicht bekommen wir dann endlich einen Überblick über die realistisch zu erwartenden Bau- und Baunebenkosten. Es muss uns klar sein, dass bei der o.g. Pro-Kopf-Verschuldung die Kosten für den Neubau der Grundschule nicht enthalten sind. Ebenso wenig sind die, durch die Neuausweisung von Baugebieten, zusätzlich erforderlichen Kindergartenplätze berücksichtigt. Die Bau- und Grundstückskosten hierfür betragen geschätzt 3 Mio. Euro. Die Schuldenspirale unserer Stadt dreht sich unaufhörlich und ungebremst nach oben.

 

Bereits mehrfach hat unsere Fraktion in der Vergangenheit die Führung der Verwaltung aufgefordert, das beschließende und zuständige Gremium über die Entwicklung der Baukosten der städtischen Bauvorhaben laufend zu informieren. Uns ist sehr wohl bewusst, dass Baumaßnahmen über mehr als ein Haushaltsjahr andauern. Umso wichtiger wäre die detaillierte Aufstellung über bereits ausgegebene und noch benötigte Haushaltsmittel und damit verbunden die in der Privatwirtschaft übliche zeitnahe Kontrolle der Kostenentwicklung. Als negatives Beispiel sei nur der Umbau des alten Rathauses für Zwecke der Montessorischule genannt. Für diesen bereits seit September 2018 abgeschlossenen Umbau sind im Haushalt des Jahres 2021 immer noch Haushaltsreste von rund 400.000 Euro vorhanden. Wofür soll dieses Geld verwendet werden?

 

Diese 400.000 Euro stehen für dringend erforderliche und seit vielen Jahren aufgeschobene Straßensanierungen nicht zur Verfügung. Die ständig verschobenen Unterhaltsmaßnahmen an der städtischen Infrastruktur, wie z. B. an Straßen und Kanälen, werden uns eines nicht allzu fernen Tages im wahrsten Sinne des Wortes teuer zu stehen kommen.

 

Das vorgelegte Investitionsprogramm mit einem Volumen von knapp 9 Mio. Euro ist leider wieder unrealistisch, insbesondere der Haushaltsansatz für die Neugestaltung der Bahnhofstraße. Für dieses Bauvorhaben stehen noch bedeutende Haushaltsreste von insgesamt rund 1,3 Mio. Euro zur Verfügung. Unabhängig davon sind dafür im Haushaltsjahr 2021 neue Finanzmittel von 1,7 Mio. Euro eingeplant. Diese Summe entspricht knapp 20% des gesamten Programmes. Bereits jetzt steht fest, dass in diesem Jahr nicht einmal die Haushaltreste, geschweige denn die neuen Finanzmittel für die Bahnhofstraße gebraucht werden.

 

In den Erläuterungen zum Schuldenstand wird darauf verwiesen, dass wir ja nur sog. rentierliche Schulden haben, welche durch Grundstücksverkäufe wieder getilgt werden. Hier wird z.B. für das Baugebiet Hummelberg VI im Jahr 2022 ein Erlös von 1,34 Mio. Euro eingebucht, jedoch keinerlei Kosten für die Planung und Erschließung. Das ist schlicht unrealistisch.

Die Verbindlichkeiten für Grundstückskäufe sind natürlich unumgänglich erforderlich, um die Stadt zu entwickeln. Warum aber mit der Umsetzung der Wohnungsbaugebiete und Gewerbegebiete nicht zügig verfahren wird, ist uns schleierhaft. Was nicht erschlossen ist, kann auch nicht verkauft werden. Somit ziehen wir die Schulden aus den Grundstückskäufen über einen unnötig langen Zeitraum mit. Wie soll man unter Berücksichtigung der vorgenannten Tatsachen als verantwortungsbewusster Stadtrat die Höhe der Pro-Kopf-Verschuldung für sich rechtfertigen können?

Ob der Schulneubau mit Eigenmitteln von 13,6 Mio. Euro zu finanzieren ist, steht in den Sternen.

 

Jetzt kommen wir zur sogenannten freien Finanzspanne des Haushaltsjahres 2021 in Höhe von 34.000 Euro. Diese gibt es nur noch deshalb, weil die Tilgungsleistungen entgegen der ursprünglichen Planung von 7% auf 5% gekürzt wurden, also um rund 600.000 Euro. Ferner ist im Jahr 2021 eine Rücklagenentnahme von 2,27 Mio. Euro eingeplant und nur noch die gesetzlich vorgeschriebene Mindestrücklage von 211.000 Euro vorhanden. Das nennt man freundlich gesagt Haushaltsgestaltung. Es wurden durch die Verwaltung alle Register gezogen, die zur Verfügung stehen um wenigstens noch den gesetzlichen Mindestanforderungen zu genügen.

 

Der Haushalt einer Kommune ist immer auch das Spiegelbild ihrer Verwaltung.

Wenn wir nun über die letzten Jahre die Ansätze im Investitionsprogramm der Stadt Bogen mit den daraus tatsächlich umgesetzten Maßnahmen vergleicht, dann kann kein Vertrauen in die dem Stadtrat vorgelegte Haushaltsplanung entstehen.

 

Dem Haushaltsentwurf bzw. der durch die Verwaltung erstellten Haushaltssatzung geht offensichtlich keine detaillierte Abstimmung mit den dafür relevanten Fachbereichen im Rathaus voraus. Hier arbeitet jeder Fachbereich für sich und keiner für das Ganze. Sonst kann es doch gar nicht sein, dass regelmäßig Millionenbeträge im Investitionsprogramm stehen, bei denen schon bei der Haushaltsaufstellung sonnenklar ist, dass die Umsetzung schlicht unmöglich ist. Im Haushaltsjahr 2021 ist das zum Beispiel das Bauvorhaben Bahnhofstraße.

 

Diese Koordinationsmängel fallen nach der Gemeindeordnung und der Geschäftsordnung eindeutig in Ihren Verantwortungsbereich, Frau Bürgermeisterin.

 

Aus den vorgenannten Gründen werde ich persönlich und meine gesamte Fraktion nach intensiver Besprechung der vorgelegten Haushaltssatzung diese ablehnen.

Am Ende meiner Ausführungen bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion für die Zusammenarbeit im Gremium. Dieser Dank gilt auch den Fachbereichsleitern und den städtischen Mitarbeitern verbunden mit der Bitte die vorgetragene Kritik nicht an ihrer Person fest zu machen. Uns geht es nicht um die Personen, sondern ausschließlich um die Sachthemen.

 

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Werner Länger