Sitzung: 24.02.2021 SR/56/2021
Es gilt das gesprochene Wort
Stellungnahme des
Fraktionsvorsitzenden der F.D.P./FWG-Stadtratsfraktion zum Haushaltsplan 2021
Sehr geehrter Frau Bürgermeisterin,
sehr verehrte Stadtratskolleginnen und -kollegen,
geschätzte Mitarbeiter der Verwaltung,
sehr geehrte Damen und Herren,
zuerst ein kurzer Rückblick auf das
abgelaufene Haushaltsjahr 2020. Im Jahr 2020 konnte die Zuführung zum
Vermögenshaushalt mit ca. 2,8 Mio. Euro in etwa wie geplant durchgeführt
werden. Ferner hat offensichtlich unsere regelmäßig vorgetragene Kritik, die
Personalkosten realistisch und nicht ständig überhöht anzusetzen, zum zweiten
Mal in Folge Früchte getragen. Die Personalaufwendungen bewegten sich damit im
geplanten Rahmen.
Wie in den Vorjahren wurden die
Kreditermächtigungen bei weitem nicht genutzt. Wieder wurden mehr als 6,5 Mio.
Euro nicht in Anspruch genommen. Bis dato ist nicht genau bekannt, wie viel von
dieser Kreditermächtigung tatsächlich noch gebraucht wird.
In der vom Stadtrat am 19.02.2020
beschlossenen Haushaltssatzung für das Jahr 2020 waren im Investitionsprogramm
Ausgaben von ca. 11,3 Mio. Euro vorgesehen. Um diese Investitionen finanzieren
zu können, wurde die Kreditermächtigung über den Betrag von 6,5 Mio. Euro
erteilt. Aus dem Investitionsprogramm des Jahres 2020 wurden durch die
Verwaltung (Stand 21.01.2021) Ausgaben von mehr als 6 Mio. Euro und damit mehr
als 50% der geplanten Anschaffungen gestrichen.
Aus der Kreditermächtigung für das Jahr 2019
wurden im Jahr 2020 noch 3 Mio. Euro Darlehen in Anspruch genommen, um damit im
Wesentlichen außerplanmäßige Grundstückskäufe des Jahres 2020 zu finanzieren.
Auch konnte die Stadt Bogen durch den Gewerbesteuerersatzbeitrag des Bundes und
des Landes in Höhe von 950.000 Euro die durch Corona bedingten Steuerausfälle
kompensieren.
Aufgrund der vorgenannten Sachverhalte, gibt
es keine für uns nachvollziehbaren Gründe, welche ein Festhalten an der
bestehenden Kreditermächtigung rechtfertigen könnten. Ebenso wenig geben diese
Zahlen Anlass von den ursprünglichen 6,5 Mio. Euro einen Haushaltsrest von 3
Mio. Euro in das Jahr 2021 vorzutragen.
Das Unwesen der Vorratskredite wird seit
Jahren von unserer Fraktion gerügt und trotzdem ohne Not weiterhin betrieben.
Die Verwaltung praktiziert damit Haushaltspolitik vorbei am Stadtratsgremium,
entgegen den Regelungen in der Bayerischen Gemeindeordnung und der
Geschäftsordnung der Stadt Bogen.
Wozu wenden wir Stadträte für die
Haushaltsvorberatung 2 volle Tage Zeit auf und beschließen dann im Stadtrat
eine Haushaltssatzung, welche dann durch die Verwaltung nicht umgesetzt wird?
Warum werden wir als Stadträte nicht informiert, wenn mehr als 50% des für das
Haushaltsjahr 2020 geplanten Investitionsprogrammes einfach gestrichen wird?
Unsere Fraktion wird das in Zukunft mit Sicherheit nicht mehr akzeptieren.
Bei dem vorgestellten Haushalt des Jahres
2021 wurden, nach Auffassung unserer Fraktion, auf der Einnahmenseite
realistische Zahlen geplant. Die detaillierten Zahlen, der uns zur Abstimmung
vorliegenden Haushaltssatzung 2021, mit einem Gesamtvolumen von rund 22,8 Mio.
Euro im Verwaltungshaushalt und rund 10,4 Mio. Euro im Vermögenshaushalt,
wurden bereits durch Frau Bürgermeisterin Probst bekannt gegeben.
Für das Wirtschaftsjahr 2021 ist durch die
Frau Bürgermeisterin und die Verwaltung eine neuerliche Kreditaufnahme von rund
5 Mio. Euro geplant. Ebenso soll wie oben ausgeführt an der bisher nicht in
Anspruch genommenen Kreditermächtigung für das Jahr 2020 mit einem Teilbetrag
in Höhe von rund 3 Mio. Euro festgehalten werden.
Diese Haushaltsplanung hat eine
Pro-Kopf-Verschuldung jedes Bogener Bürgers von etwa 3.000 Euro zur Folge. Die
Dramatik dieser Entwicklung wird
bewusst, wenn wir sehen, dass dieser Betrag am 31.12.2017, also vor gut drei
Jahren, ca. 800 Euro pro Kopf betrug. Eine pro Kopf-Verschuldung von 3.000 Euro
bis zum 31.12.2021 bedeutet eine Steigerung
um rund 375% in 4 Jahren.
Selbst bei Berücksichtigung der Tatsache,
dass hier in Teilen Grundstückswerte entgegenstehen, nimmt uns dieses hohe
Kreditvolumen für die nächsten Jahre jeglichen Gestaltungsspielraum. Erst mit
Rückführung der Kredite durch Grundstücksverkäufe hat der Stadtrat wieder die
Möglichkeit die Zukunft der Kommune zu beeinflussen. Um hier vernünftige
Planungsgrundlagen zu schaffen, ist es nach unserer Auffassung unumgänglich
eine umfassende Bestandsaufnahme aller gemeindeeigenen Immobilien
durchzuführen. Das mindeste ist jedoch eine Aufstellung über alle zur
Veräußerung vorgesehenen Grundstücke. Wir müssen zwingend einen langfristigen
Investitionsplan mit realistischen Zahlen erstellen. Dies wurde durch die
Fraktion der FDP/FWG bereits letztes Jahr gefordert. Passiert ist bis heute
nichts.
Die unendliche Geschichte des
Grundschulneubaues bekommt nunmehr zumindest etwas Struktur durch die
Ausschreibung der Ingenieur- und Fachplanerleistungen. Vielleicht bekommen wir
dann endlich einen Überblick über die realistisch zu erwartenden Bau- und Baunebenkosten.
Es muss uns klar sein, dass bei der o.g. Pro-Kopf-Verschuldung die Kosten für
den Neubau der Grundschule nicht enthalten sind. Ebenso wenig sind die, durch
die Neuausweisung von Baugebieten, zusätzlich erforderlichen Kindergartenplätze
berücksichtigt. Die Bau- und Grundstückskosten hierfür betragen geschätzt 3
Mio. Euro. Die Schuldenspirale unserer Stadt dreht sich unaufhörlich und
ungebremst nach oben.
Bereits mehrfach hat unsere Fraktion in der
Vergangenheit die Führung der Verwaltung aufgefordert, das beschließende und
zuständige Gremium über die Entwicklung der Baukosten der städtischen
Bauvorhaben laufend zu informieren. Uns ist sehr wohl bewusst, dass
Baumaßnahmen über mehr als ein Haushaltsjahr andauern. Umso wichtiger wäre die
detaillierte Aufstellung über bereits ausgegebene und noch benötigte
Haushaltsmittel und damit verbunden die in der Privatwirtschaft übliche
zeitnahe Kontrolle der Kostenentwicklung. Als negatives Beispiel sei nur der
Umbau des alten Rathauses für Zwecke der Montessorischule genannt. Für diesen
bereits seit September 2018 abgeschlossenen Umbau sind im Haushalt des Jahres
2021 immer noch Haushaltsreste von rund 400.000 Euro vorhanden. Wofür soll
dieses Geld verwendet werden?
Diese 400.000 Euro stehen für dringend erforderliche
und seit vielen Jahren aufgeschobene Straßensanierungen nicht zur Verfügung.
Die ständig verschobenen Unterhaltsmaßnahmen an der städtischen Infrastruktur,
wie z. B. an Straßen und Kanälen, werden uns eines nicht allzu fernen Tages im
wahrsten Sinne des Wortes teuer zu stehen kommen.
Das vorgelegte Investitionsprogramm mit
einem Volumen von knapp 9 Mio. Euro ist leider wieder unrealistisch,
insbesondere der Haushaltsansatz für die Neugestaltung der Bahnhofstraße. Für
dieses Bauvorhaben stehen noch bedeutende Haushaltsreste von insgesamt rund 1,3
Mio. Euro zur Verfügung. Unabhängig davon sind dafür im Haushaltsjahr 2021 neue
Finanzmittel von 1,7 Mio. Euro eingeplant. Diese Summe entspricht knapp 20% des
gesamten Programmes. Bereits jetzt steht fest, dass in diesem Jahr nicht einmal
die Haushaltreste, geschweige denn die neuen Finanzmittel für die Bahnhofstraße
gebraucht werden.
In den Erläuterungen zum Schuldenstand wird
darauf verwiesen, dass wir ja nur sog. rentierliche Schulden haben, welche durch
Grundstücksverkäufe wieder getilgt werden. Hier wird z.B. für das Baugebiet
Hummelberg VI im Jahr 2022 ein Erlös von 1,34 Mio. Euro eingebucht, jedoch
keinerlei Kosten für die Planung und Erschließung. Das ist schlicht
unrealistisch.
Die Verbindlichkeiten für Grundstückskäufe
sind natürlich unumgänglich erforderlich, um die Stadt zu entwickeln. Warum
aber mit der Umsetzung der Wohnungsbaugebiete und Gewerbegebiete nicht zügig
verfahren wird, ist uns schleierhaft. Was nicht erschlossen ist, kann auch nicht
verkauft werden. Somit ziehen wir die Schulden aus den Grundstückskäufen über
einen unnötig langen Zeitraum mit. Wie soll man
unter Berücksichtigung der vorgenannten Tatsachen als verantwortungsbewusster
Stadtrat die Höhe der Pro-Kopf-Verschuldung für sich rechtfertigen können?
Ob der Schulneubau mit Eigenmitteln von 13,6
Mio. Euro zu finanzieren ist, steht in den Sternen.
Jetzt kommen wir zur sogenannten freien
Finanzspanne des Haushaltsjahres 2021 in Höhe von 34.000 Euro. Diese gibt es
nur noch deshalb, weil die Tilgungsleistungen entgegen der ursprünglichen
Planung von 7% auf 5% gekürzt wurden, also um rund 600.000 Euro. Ferner ist im
Jahr 2021 eine Rücklagenentnahme von 2,27 Mio. Euro eingeplant und nur noch die
gesetzlich vorgeschriebene Mindestrücklage von 211.000 Euro vorhanden. Das
nennt man freundlich gesagt Haushaltsgestaltung. Es wurden durch die Verwaltung
alle Register gezogen, die zur Verfügung stehen um wenigstens noch den
gesetzlichen Mindestanforderungen zu genügen.
Der Haushalt einer Kommune ist immer auch
das Spiegelbild ihrer Verwaltung.
Wenn wir nun über die letzten Jahre die
Ansätze im Investitionsprogramm der Stadt Bogen mit den daraus tatsächlich
umgesetzten Maßnahmen vergleicht, dann kann kein Vertrauen in die dem Stadtrat
vorgelegte Haushaltsplanung entstehen.
Dem Haushaltsentwurf bzw. der durch die
Verwaltung erstellten Haushaltssatzung geht offensichtlich keine detaillierte
Abstimmung mit den dafür relevanten Fachbereichen im Rathaus voraus. Hier arbeitet jeder Fachbereich für sich und keiner
für das Ganze. Sonst kann es doch gar nicht sein, dass regelmäßig
Millionenbeträge im Investitionsprogramm stehen, bei denen schon bei der
Haushaltsaufstellung sonnenklar ist, dass die Umsetzung schlicht unmöglich ist.
Im Haushaltsjahr 2021 ist das zum Beispiel das Bauvorhaben Bahnhofstraße.
Diese Koordinationsmängel fallen nach der
Gemeindeordnung und der Geschäftsordnung eindeutig in Ihren
Verantwortungsbereich, Frau Bürgermeisterin.
Aus den vorgenannten Gründen werde ich
persönlich und meine gesamte Fraktion nach intensiver Besprechung der
vorgelegten Haushaltssatzung diese ablehnen.
Am Ende meiner Ausführungen bedanke ich mich
im Namen meiner Fraktion für die Zusammenarbeit im Gremium. Dieser Dank gilt
auch den Fachbereichsleitern und den städtischen Mitarbeitern verbunden mit der
Bitte die vorgetragene Kritik nicht an ihrer Person fest zu machen. Uns geht es
nicht um die Personen, sondern ausschließlich um die Sachthemen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Werner Länger