Sitzung: 29.03.2023 SR/97/2023
Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden Es gilt das gesprochene Wort
der F.D.P./FWG-Stadtratsfraktion zum
Haushaltsplan 2023
Sehr geehrte Frau
Bürgermeisterin,
sehr verehrte
Stadtratskolleginnen und -kollegen,
geschätzte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
sehr geehrte Damen
und Herren,
zuerst ein kurzer Rückblick auf das abgelaufene Haushaltsjahr 2022 und
dem dazu gehörenden Vorbericht der Verwaltung. In diesem steht lapidar, dass
der Haushalt des Jahres 2022 durch das LRA Straubing-Bogen genehmigt wurde. Was
dort nicht erwähnt wird, sind die Auflagen der Rechtsaufsicht. Diese sind
erfolgt, weil den schriftlichen Einwänden unserer Fraktion gegen die
Haushaltssatzung 2022 Rechnung getragen wurden. Es wurden deshalb die im Vermögensplan
des Eigenbetriebes Stadtwerke vorgesehenen Darlehensaufnahmen i. Höhe von
756.000 Euro gesperrt. Ferner wurde uns durch die Rechtsaufsicht bestätigt,
dass dem Haushaltsgrundsatz der Wahrheit und Klarheit durch die Verwaltung
nicht Rechnung getragen wurde. In dieser Genehmigung wurde auch explizit auf
die hohe Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt Bogen im Vergleich zum Rest des
Landkreises hingewiesen und der finanzielle Spielraum unserer Stadt als
ungünstig beurteilt. Ebenso wurde auf unsere Anregung hin nun erstmals, wie
gesetzlich vorgeschrieben, der Stellenplan den Haushaltsunterlagen beigefügt.
Genauso wurde uns durch das Landratsamt auch bestätigt, dass der Stellenplan in
öffentlicher Sitzung und nicht wie bisher in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln
ist. Diese in der Vergangenheit von der Verwaltung, ohne Rechtsgrund, geübte
Geheimniskrämerei ist damit beendet.
Was wir leider mangels Unterstützung durch die Stadtratskollegen nicht
ändern konnten, ist das Unwesen der sogenannten Haushaltsreste. Aus dem Jahr
2021 bestehen noch immer nicht beanspruchte Kreditermächtigungen in Höhe von
rund 5 Mio. Euro und aus dem Jahr 2022 ein Kreditrahmen von 4,66 Mio. Euro. Wie
viel von diesen fast 10 Millionen Euro tatsächlich gebraucht werden, kann die
Verwaltung noch nicht genau sagen. Dieses Kreditvolumen wurde der Verwaltung
durch den Stadtrat für dringend nötige Investitionen genehmigt. Da fragt sich
doch jeder vernünftig denkende Mensch, warum die durch das Kollegium
beauftragten Maßnahmen nicht ausgeführt wurden. Dazu nochmals der exakt gleiche
Wortlaut aus meiner Rede des Vorjahres:
„Diese Kreditbevorratung hat nach unserer Auffassung mit solider
Haushaltsplanung nichts zu tun. Dem Stadtrat wird damit die Möglichkeit
genommen immer wieder verschobene, weil angeblich nicht finanzierbare,
Reparaturarbeiten an der städtischen Infrastruktur zu planen und zu
beauftragen. Das Straßennetz wird immer maroder, die Arbeiten mit jedem Jahr um
das sie verschoben werden deutlich teurer. Mit dieser Form der Haushaltplanung
entstehen über die Jahre vermeidbare Kosten in Millionenhöhe durch
Baukostensteigerung und Zinserhöhungen.“
Die Zuführungen zum Vermögenshaushalt konnten nicht zuletzt wegen der um
gut 1 Million Euro höheren Steuer- und Gebühreneinnahmen wie geplant ausgeführt
werden. Die Rücklagen von ca. 300.000 Euro genügen zwar den rechtlichen
Mindestanforderungen, sind aber angesichts des Haushaltsvolumens von rund 36
Mio. Euro extrem niedrig.
Die wirkliche Gefahr bei einer Verschuldung von 20.123.000 Euro zum
31.12.2022, sowie der noch offenen Haushaltsreste von 10.000.000 Euro, in der
Summe also rund 30 Mio. Euro, sind die darauf zu zahlenden Zinsen. Bisher sind
für 20,1 Mio. Euro lediglich 0,22% Zinsen pro Jahr bezahlt worden. Letztes Jahr
wurden die Zinsen für 6 Mio. mit effektiv rund 3% für 15 Jahre festgeschrieben.
Es war die letzten 2 Jahre immer klar, dass die Stadt Bogen mittelfristig mit
mindestens diesen 30 Millionen Euro leben muss. Jetzt wieder eine Passage aus
meiner Haushaltsrede des letzten Jahres:
„Ich zitiere jetzt ausnahmsweise aus der Haushaltsrede für das Jahr 2021
des Fraktionsvorsitzenden der CSU, den Kollegen Konrad Stangl:
Durch hohe Tilgungsraten im Haushalt bleibt sich der Stadtrat der
nachhaltigen Vorgehensweise treu, neue Schulden innerhalb von ungefähr zwei
Legislaturperioden (12 Jahre) abzubezahlen, um zukünftige Generationen nicht
mit alten Schulden zu belasten.“
Meine Aussage im letzten Jahr dazu: „Im neuen Haushaltsplan (2022)
verdoppelt sich der Tilgungszeitraum auf 23 Jahre. Wären wir bei den 12 Jahren
geblieben, gäbe es keine genehmigungsfähige Haushaltssatzung für das Jahr 2022.
Damit passiert nunmehr genau das, was nach der letztjährigen Aussage nicht
geschehen darf. Wir belasten 4 Generationen Stadträte mit Schulden aus unserer
Legislaturperiode.“
Nunmehr sind wir bei geplanten Tilgungssätzen von lediglich 3% bei einer
Tilgungsdauer von 30 Jahren. Da zahlen die Kinder, welche als erste in die neu
geplante Grundschule gehen, noch während der Schulzeit ihrer Kinder an den
Schulden für dieses Bauwerk. Dies widerspricht nach meiner Auffassung in
eklatanter Art und Weise dem Prinzip der Generationengerechtigkeit.
Zu derartig langen Tilgungszeiträumen führte der Rechtsprofessor Gregor
Kirchhof in der Welt am Sonntag im November 2022 aus, dass Tilgungsfristen von
3 Jahrzehnten verfassungswidrig sind und damit gegen das Grundgesetz verstoßen.
Wenn Sie, Frau Bürgermeisterin, es als Chefin der Verwaltung unterlassen
haben, Zinsen von 0 bis 1% langfristig zu sichern, dann ist dies
wirtschaftliches Versagen in Reinkultur. Wenn die Stadt Bogen für jeden absolut
klar erkennbar, langfristig 30 Millionen Euro Schulden hat und lediglich für
20% dieser Verbindlichkeiten den Zins sichert, hat das mit vernünftiger
kommunaler Haushaltspolitik nichts zu tun. Die Stadt hätte Anfang letzten
Jahres noch hervorragende Zinskonditionen erhalten.
Wieder ein Zitat aus meiner Haushaltsrede letzten Jahres:
„Doch nicht nur die Schulden und steigenden Zinsen drücken uns. Es kommt
erschwerend dazu, dass Einnahmen, welche die Stadt Bogen aus
Grundstücksverkäufen erzielen könnte, durch Untätigkeit in eine ungewisse
Zukunft verschoben werden. Ein trauriges Beispiel dafür ist das geplante
Baugebiet am Hummelberg, der sogenannte Hauserbuckel. Das Grundstück wurde im
Jahr 2018 erworben und in deutlich mehr als 3 Jahren war es der Verwaltung
nicht möglich einen Bebauungsplan zu erstellen und somit natürlich auch keine
Ausschreibung der Bauleistungen. Das, Frau Bürgermeisterin, hat sicher nichts
mit Corona zu tun, das fällt in Ihren Verantwortungsbereich. Angeblich gab es
eine Vielzahl von Kaufinteressenten, die bei der Stadt Bogen vorsprachen und
ein Grundstück kaufen wollten. Außer, dass sich die Erschließungskosten durch
die Untätigkeit mittlerweile um mindestens 30 bis 40 % erhöht haben, ist nichts
geschehen. Die Baukosten steigen weiter rapide, die Zinserwartungen gehen
ebenfalls nach oben und die Eigenkapitalanforderungen der Banken erhöhen sich
auch. Wir können nur hoffen, dass die Grundstücke wie geplant im Jahr 2025 noch
verkäuflich sind.“
In dem jetzigen, von der Verwaltung vorgelegten Haushalt des Jahres 2023
wurden im Gesamtansatz die Erlöse für eben diese Grundstücke einfach um
1.430.000 Euro auf insgesamt 9.060.000 Euro erhöht. Gleichzeitig wurden
keinerlei Erschließungskosten eingeplant. Um der Wirklichkeit Rechnung zu
tragen, sind also mehrere Millionen Euro für Straße und Kanal in den
Kreditrahmen einzuplanen oder aber die Veräußerungserlöse in Höhe von 7.800.000
Euro zu streichen. Ob es in der derzeitigen Lage überhaupt die erforderliche
Anzahl von Käufern gibt, wage ich zu bezweifeln. Als Schmankerl kommt noch
dazu, dass Sie, Frau Bürgermeisterin unsere damaligen Hinweise ignoriert haben.
Seit nunmehr fast 3 Jahren waren Sie, als Chefin des dafür zuständigen
Bauamtes, nicht in der Lage dem Stadtrat einen Bebauungsplan zur Abstimmung
vorzulegen.
Als Beitrag zur Rettung der Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes wurde
unter anderem der bisher mit rund 3,7 Mio. Euro geplante Kindergartenneubau am
Weinberg/Weiherwiesäcker gestrichen. Dies mit der Begründung, dass der
Hauserbuckel in absehbarer Zeit sowieso nicht bebaut wird und die derzeit
vorhanden Plätze in den Kindertagesstätten ausreichen.
Wenn die Stadt Bogen etwas Glück hat, dann können wir die 25 Grundstücke
am Weiherwiesäcker verkaufen. Dafür werden wir aber voraussichtlich wiederum
die Kindergartenplätze brauchen.
Die dringend erforderliche Sanierung der Kläranlage mit einem Volumen
von 3,8 Mio. Euro wurde durch die Verwaltung ebenfalls einfach gestrichen.
Damit kommt der Haushalt der Genehmigung durch die Rechtsaufsicht wieder ein
kleines Stück näher. Ob die Kosten in den Jahren 2027 oder später nicht
deutlich höher sind als jetzt, ist eben dann ein Problem des nächsten
Stadtrates. Mit der Verschiebung der Baumaßnahmen bleibt natürlich auch die
Hochwassersicherung unsers Klärwerkes als weiteres Problem offen.
Nunmehr zum großen Thema Grundschule.
Letztes Jahr wurde für den Haushalt mit einer Belastung von rund 22 Mio.
Euro bei einer Zuweisung von rund 12 Mio. Euro gerechnet. Nunmehr ist von
Baukosten in Höhe von 19,3 Mio. Euro bei einer um rund 6 Mio. Euro auf 17,9
Mio. Euro erhöhten Zuweisung auszugehen. Tatsächlich hoffen wir also 1 Jahr
später auf Gesamtkosten von rund 37,2 Mio. Euro statt wie bisher auf 34,2 Mio.
Euro. Dies aber unter der Voraussetzung,
dass die Baukosten binnen eines Jahres tatsächlich nur um 10% gestiegen sind.
Unsere Frage, wer den Plan und damit die Baukosten für diese Grundschule
bestellt und damit zu verantworten hat, ist bis heute nicht beantwortet. Wir
wissen lediglich, dass es nicht der Bauausschuss war, wie von Altbürgermeister
Franz Schedlbauer behauptet. Ebenso gibt es nach wie vor für das Gebiet noch
immer keinen rechtsgültigen Bebauungsplan. Dafür aber immerhin schon eine neue
Straße mit Abbiegespur und Fahrbahnteiler.
Es ist auch von Bedeutung was sonst noch einer Haushaltsgenehmigung
geopfert wurde. Das ist unter anderem die Salzhalle für den Bauhof mit
geplanten Kosten von 450.000 Euro. Diese würde aber nach den Aussagen der Bauhofmitarbeiter
zwingend zur Sicherstellung des Winterdienstes gebraucht.
Ein weitaus größeres Problem stellt allerdings die Streichung des
Tanklöschfahrzeuges TLF 4000 aus der Haushaltsplanung bis zum Jahr 2025 dar.
Dieses TLF würde nach der Verwaltungsvorlage haushaltsrelevante Kosten von
446.500 Euro verursachen. Die Feuerwehr Bogen benötigt dringend Ersatz für das
30 Jahre alte Fahrzeug. Für dieses gibt es laut Auskunft des Stadtratskollegen
und Kreisbrandmeisters Klaus Kerscher keine Ersatzteile mehr. Die Lieferzeit
für ein neues TLF beträgt 3 Jahre. Nach der derzeitigen Haushaltsplanung würde
dieses dann voraussichtlich frühestens im Jahr 2027 oder eben später kommen.
Ohne ein funktionierendes TLF ist unter Umständen die Erstbekämpfung eines
Brandes nicht möglich. Dies kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit und
die Sachwerte der von einem Feuer Betroffenen haben. Der Brandschutz gehört
jedoch zu den Pflichtaufgaben der Stadt. Unseren Feuerwehrleuten ist mit
schönen Worten über das Ehrenamt nicht wirklich geholfen. Wir Stadträte sind
mitverantwortlich für ein funktionierendes Feuerwehrwesen. Hier sind die
Grenzen der Haushaltsgestaltung eindeutig überschritten.
Dass, in der vorgelegten Haushaltssatzung vom 20.03.2023, die Erhöhung
der Kreisumlage um rund 131.000 Euro noch nicht eingeplant ist, fällt bei den
vorher geschilderten Sachverhalten kaum mehr ins Gewicht. Trotz aller
Haushaltskosmetik haben wir dann nur noch eine freie Finanzspanne von rund
253.000 Euro.
Dieser Haushaltsplan des Jahres 2023 dokumentiert, genau wie der
vorhergehende das Jahres 2022, den Stillstand in der Entwicklung unserer Stadt.
Was ist tatsächlich in Bogen passiert in den letzten 3 Jahren? Wenig bis nichts
und zwar nahezu in allen wichtigen Bereichen.
Der Haushalt einer Kommune ist immer auch das Spiegelbild ihrer
Verwaltung.
Wenn wir nun über die letzten 3 Jahre die Ansätze im
Investitionsprogramm der Stadt Bogen mit den daraus tatsächlich umgesetzten
Maßnahmen vergleichen, kann kein Vertrauen in die dem Stadtrat vorgelegte
Haushaltsplanung entstehen.
Aus den vorgenannten Gründen werde ich persönlich und meine gesamte
Fraktion nach intensiver Besprechung der vorgelegten Haushaltssatzung diese
ablehnen.
Am Ende meiner Ausführungen bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion
für die Zusammenarbeit im Gremium. Dieser Dank gilt auch den
Fachbereichsleitern und den städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
verbunden mit der Bitte, die vorgetragene Kritik nicht an ihrer Person fest zu
machen. Uns geht es nicht um die Personen, sondern ausschließlich um die
Sachthemen.
Herzlichen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit!
Werner Länger