Sitzung: 29.03.2023 SR/97/2023
Haushaltsrede 2023 Es gilt das gesprochene Wort
der Ersten Bürgermeisterin
Andrea Probst
Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates, der Verwaltung,
Liebe Bürgerinnen
und Bürger,
„wenn der Wind
weht, bauen die einen Mauern. Die anderen bauen Windmühlen.“ Mit unserem
Haushalt 2023 wollen wir dem Wind angepasst reagieren, um uns nach vorne
bewegen zu können. Das ist die klare Botschaft vorne weg. Die Bedingungen sind
alles andere als leicht: Inflation, Energiekosten, Preissteigerungen
und die Veränderungen auf dem Kapitalmarkt mit einem Anstieg der Zinsen von 0,0
auf über 4 % haben Auswirkungen auf alle Vorhaben auch bei uns in Bogen. Wir
müssen priorisieren und uns mehr denn je überlegen, wann wir was wie umsetzen
und wie wir den Herausforderungen, wie z. B. dem Klimawandel, der
demografischen Entwicklung oder der Digitalisierung begegnen. Die politische
Diskussion ist da nicht immer einfach. Was ist wichtiger: Schulen, Kindergärten,
Feuerwehrwesen, Straßenbau. Alles ist Pflichtaufgabe, aber eines ist klar: Wir
werden nicht alles gleichzeitig umsetzen können.
Richtig
war die Entscheidung, Einnahmeprognosen, die vergangenen November in der
Haushaltsklausur noch unsicher waren, abzuwarten, um dann später als sonst
einen passgenauen Haushalt aufstellen zu können.
Der diesjährige
Stadthaushalt umfasst 36 Mio. Euro und gliedert sich im Verwaltungshaushalt mit
rund 25,1 Mio. Euro und im Vermögenshaushalt mit knapp 11 Mio. Euro.
Trotz der hohen
Inflationsrate von derzeit über 8% steigt der Verwaltungshaushalt nur um 2,4%
gegenüber dem Vorjahr.
Nachdem die letzten
Jahre die Kindertagesstätten-Kosten jährlich zwischen 6 und 7% gestiegen sind,
erreichen wir eine Stagnation der Ausgaben und verfügen über freie Kapazitäten.
Anstelle von 500
Kindern im Jahre 2020 sind derzeit 452 Kinder in den Kindertagesstätten
untergebracht.
Hauptsächlich macht
sich natürlich die Sanierung bzw. der Anbau in Degernbach bemerkbar. Hier sind
weitere 25 Kindertagesplätze entstanden.
Im Januar 2023
konnten die Kinder in die neuen Räume einziehen. Derzeit werden 42 Kinder
betreut, d.h. weitere 8 Kinder können noch aufgenommen werden.
Dies ist aber eine
Momentaufnahme, die sich sehr schnell, z. B. durch Zuzug wieder ändern kann.
Trotzdem können wir auf einen unerwarteten Mehrbetreuungsbedarf reagieren,
soweit genügend Betreuungspersonal zur Verfügung steht.
Als Herausforderung
für den Haushalt habe ich eingangs die steigenden Energiepreise angesprochen.
Positiv ist, dass uns zumindest bis Ende 2023 noch nicht die hohen
Energiekosten, sprich Strom- und Gaspreise, belasten. Ab 2024 ist jedoch nach
dem derzeitigen Stand bei Strom mit rund 70% und bei Gas mit rund 200%
Aufschlag zu rechnen - das sind rund 330.000 Euro pro Jahr zusätzliche
Ausgaben.
Durch die Umrüstung
der Straßenbeleuchtungskörper gelingt es uns, die Energiekosten um 115.000 Euro
zu reduzieren. Wenngleich sich die Kosten ab 2024 wieder verdoppeln werden,
sind es dennoch rund 90.000 Euro weniger als dies bisher der Fall war. Das ist
positiv.
Im Energiesektor
müssen wir uns zukunftsweisend aufstellen. Vor einiger Zeit veranlassten wir
zwei Standortanalysen für eine Nahwärmeversorgung. Zum einen für das Zentrum am
Stadtplatz mit Rathaus, Einsatzzentrum, Lehrerwohnhaus, Bauhof und weiteren
Objekten und zum anderen im ehemaligen Klosterbereich in Oberalteich zusammen
mit unseren Liegenschaften und den vorhandenen Schulen. Die Stadtwerke prüfen
aktuell, ob sie die Projekte wirtschaftlich umsetzen können.
Weitere
Einsparungen sind möglich durch die Errichtung einer Luft-Wärme-Heizung von
rund 200.000 Euro für das Kinderhaus „Rautenzwerge“, um die enormen Heizkosten
von rund 22.500 Euro pro Jahr zu reduzieren.
Die im Dezember
2022 befürchtete Rezession hat sich mittlerweile etwas entspannt. Dennoch ist
die Gefahr einer Rezession nicht gebannt. In
Europa wird ein Wachstum von rund 0,9% und in Deutschland von 0,2%
prognostiziert. Das ist nicht viel.
Für unseren
Stadthaushalt heißt das aber, dass wir unsere Steuer- und Zuweisungsprognose
belassen können.
Der
Gewerbesteueransatz wird, wie in der Haushaltsklausur angekündigt, mit 5,1 Mio.
Euro festgesetzt.
Das derzeitige Soll
liegt bei rund 4,7 Mio. Euro.
Der
Einkommenssteueranteil wird nach Mitteilung des Zentralfinanzamtes von 5,8 auf
6,1 Mio. Euro anwachsen. Wie bereits im Dezember in der Presse zu lesen war,
wird die Schlüsselzuweisung bei 2 Mio. Euro liegen und damit zwar um 185.000
Euro weniger als 2022, aber um 310.000 Euro mehr als für 2023 prognostiziert.
Insgesamt werden
trotz aller Befürchtungen die Steuern und Zuweisungen um 181.000 Euro auf
16.346.000 Euro ansteigen. Das sind 1,12%.
Sorge bereitet uns
die Kreisumlagenentwicklung.
Diese erhöht sich
nun um einen Prozentpunkt auf 47 %. Ursprünglich standen sogar zwei
Prozentpunkte zur Diskussion.
Was bedeutet das
für uns?
Allein durch den
Anstieg unserer Umlagekraftzahl 2021 zahlen wir 2023 gegenüber 2022 um 583.000
Euro mehr. Anstatt 5,5 Mio. Euro entrichten wir 2023 6,1 Mio. Euro an den
Landkreis.
Jede Punkterhöhung
wirkt sich bei uns zusätzlich mit 132.000 Euro aus.
Das sind 35%
unserer derzeitigen Freien Finanzspanne.
Mit einer geplanten
Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt von 1.037.000 Euro liegen wir
zwar rund 700.000 Euro deutlich unter der geplanten Zuführung 2022, aber
immerhin 509.000 EUR besser als in der Haushaltsklausur vergangenen November
prognostiziert.
Was die
Investitionen betrifft, haben wir die anstehenden Maßnahmen in der
mittelfristigen Finanzplanung so eingetaktet, dass wir sie auch stemmen können.
Wie ich vorhin schon gesagt habe, können wir nicht alle Maßnahmen gleichzeitig
umsetzen.
Trotzdem schlagen
wir ein ambitioniertes Investitionsprogramm vor. Investitionen, die den
Schuldenstand der Stadt bis 2026 deutlich erhöhen werden. Investitionen, die
aber – davon bin ich überzeugt – unbedingt notwendig sind, um die
Zukunftsfähigkeit der Stadt Bogen zu sichern.
Die größte
Investition, die sich durch die gesamte mittelfristige Finanzplanung zieht, ist
der Bau unserer neuen 5-zügigen-Grundschule mit knapp 36 Mio. Euro. Natürlich
ist der Grundschulneubau mit haushaltsrelevanten Kosten von rund 18 Mio. Euro
keine leichte Aufgabe – und trotzdem
aber alternativlos. Eine neue zukunftsfähige Schule stärkt unsere Standortvorteile
und macht unsere Stadt attraktiv.
Aktuell warten wir
auf den Förderbescheid der Reg. v. Ndby. Mittlerweile sind die neuen
Kostenrichtwerte bekanntgegeben worden, die für die Förderung maßgeblich sind.
Erfreulicherweise
steigen sie um 17,8% von 5.437 Euro pro Quadratmeter Hauptnutzfläche auf 6.405
Euro.
Damit dürfen wir,
nachdem auch das Raumprogramm mit der Regierung abgestimmt wurde, von rund 2,9
Mio. Euro mehr an Förderung ausgehen, sodass wir insgesamt mit rund 17,9 Mio.
EUR an Förderung rechnen.
Parallel prüfen wir
eine Umsetzung des Projektes über eine Generalunternehmerschaft. Damit hätten
wir mehr Preisgarantie, eine zügige und gegebenenfalls eine wirtschaftlichere
Umsetzung zu erwarten.
Damit betreten wir
so gut wie Neuland in Niederbayern. Um keine Förderverluste zu erleiden, habe
ich ein Ingenieurbüro für eine notwendige Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, sowie
eine juristische Prüfung der Vergaberechtsmöglichkeiten beauftragt. Die
Ergebnisse werden wir demnächst der Regierung zur Entscheidung vorlegen.
Sie sehen – meine
Damen und Herren – wir lassen nichts unversucht, um die enorme finanzielle
Herausforderung nach allen Alternativen im Bereich der Wirtschaftlichkeit und
Sparsamkeit zu untersuchen.
Die Lüftungsanlage
an der Mittelschule wird gerade umgesetzt. Hierfür wurden 500.000 Euro
angesetzt bei 400.000 Euro Förderung.
Der 2. Bauabschnitt
der Bahnhofstraße ist mit Ausnahme der Zäune und Begrünung komplett fertig
gestellt. Jetzt geht es um die Abrechnung und Förderung.
Mit 1,8 Mio. Euro
und einer Förderung von 1.280.000 Euro wird die Bahnhofstraße als zentrale
Eingangsstraße enorm aufgewertet.
Hierzu danke ich
allen Beteiligten, insbesondere den Anliegern für ihre Unterstützung und
Geduld.
Mit der Ausweitung
der städtischen Förderung von Geschäftsflächensanierungen am Stadtplatz haben
wir bereits einen wichtigen Schritt hin zu einem aktiven Stadtzentrum gesetzt.
Weitere Maßnahmen zur Innenstadtentwicklung werden wir in den Ausschüssen
beraten.
In Degernbach –
meine Damen und Herren – ist der Ausbau des Kirchplatzes erfolgt. Die Straße
ist befahrbar und die gestalterischen Elemente werden im Frühjahr umgesetzt.
Hierzu sind 400.000
Euro angesetzt mit einer städtischen Beteiligung von rund 180.000 Euro. Analog
zur Bahnhofstraße lässt sich auch hier die enorme Aufwertung des Dorfzentrums
erkennen.
Deutlich
zurückgegangen ist die Nachfrage nach Baugrundstücken.
Dennoch wollen wir
den zweiten Abschnitt des Baugebiets „Weiherwiesäcker III Deckblatt 8“
erschließen und vermarkten. Voraussetzung dafür ist die in Kürze geplante
Verbriefung mit einem letzten Grundstückseigentümer.
Die Vermarktung des
Baugebietes wird für uns der „Gradmesser“ sein, wie wir mit dem weiteren
geplanten Baugebiet Hummelberg VI, für das wir einen Bebauungsplan vorbereiten,
in Zukunft umgehen. Wir handeln bedarfsorientiert, den Baugrund ist nicht
beliebig vermehrbar.
Ein weiteres
zentrales infrastrukturelles Thema ist der Ausbau des Breitbandes, sprich der
FTTH-Ausbau – fibre to the home. Ziel ist, jedes Haus/jede Wohnung in Bogen mit
Glasfaser zu versorgen.
Nach jüngster
Mitteilung der Telekom soll von Mai bis November der gesamte Stadtkernbereich
mit Glasfasernetz versorgt werden.
Genauso werden wir
über unseren Eigenbetrieb den Ausbau des restlichen Stadtgebietes vorantreiben.
Aktuell warten wir auf die neuen Förderbestimmungen, um dann einen Förderantrag
stellen zu können.
Auch unsere
Stadtverwaltung wird digitaler. Ein Teil der EDV wird gerade modernisiert.
Unser Ziel ist es, sowohl Online-Dienste zu ermöglich als auch für den direkten
persönlichen Kontakt und Austausch mit den Menschen unserer Stadt da zu sein.
Die
Generalsanierung der Kläranlage, ein rund 4,7 Mio. Euro großes Sanierungspaket
wird planerisch zwischen 2024 und 2026 gut vorbereitet. Für vereinzelte
Investitionen, die keinen Zeitaufschub dulden, sind 800.000 Euro mittelfristig
angesetzt.
Die ganz große
Sanierungsumsetzung mit rund 3,8 Mio. Euro erfolgt ab 2027.
Sie sehen – meine
Damen und Herren – dass wir neben dem großen Bauprojekt Grundschulneubau auch
alle anderweitigen Infrastrukturverbesserungen, wenn auch etwas später,
vorantreiben.
Bei all den
anstehenden Investitionsausgaben ist unser oberstes Ziel die dauerhafte
finanzielle Leistungsfähigkeit unseres kommunalen Haushalts.
In den letzten
beiden Jahren konnten wir etwa 4 Millionen an Schulden abbauen. Aufgrund der
bevorstehenden Investitionen wird sich die Nettoneuverschuldung bis Ende 2026
auf 12 Mio. EUR belaufen.
Parallel hierzu
sieht unser Tilgungsplan wie folgt aus:
2023 planen wir
einen Tilgungsanteil von 2,5 %. 2026 können wir die Tilgung wieder auf 4%
erhöhen. So dass wir insgesamt 4,3 Mio. EUR mittelfristig tilgen werden.
Der Haushalt ist
ein Dreiklang aus investieren, tilgen und sparen.
Meine Damen und
Herren des Stadtrates, ich bitte um ihre Unterstützung bei der Umsetzung der
von mir angesprochenen Ziele – Ziele, die in ihrer Priorisierung sehr wohl
überlegt sind für die Zukunft unserer Kinder und für unsere Bürgerinnen und
Bürger der Stadt Bogen!
Lassen Sie uns
gemeinsam anpacken!
Ich bedanke mich
bei allen Mitwirkenden an diesem Haushaltsentwurf.
Als erstes bedanke ich mich bei
den verantwortlichen Fachbereichsleitern der Verwaltung für gute
Zusammenarbeit, ich bedanke mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Kämmerei und aller Fachbereiche, die mit großem Einsatz an der Erarbeitung des
Entwurfs für den Haushalt 2023 gearbeitet haben. Allen voran gilt mein Dank
dabei unserem Kämmerer Herrn Kellner.
Für die Erstellung des Stellenplanentwurfs
danke ich dem Geschäftsleiter Christoph Paukner und allen Mitarbeiterinnen des
Personalamtes.
Ihnen, liebe Kolleginnen und
Kollegen des Stadtrates, danke ich für die engagierte Mitwirkung in der
Haushaltsklausur und in der weiteren Haushaltssitzung.
Danke sage ich auch grundsätzlich
für Euren großen Einsatz und die Bereitschaft, Verantwortung für unsere Stadt
zu tragen und gemeinsam mit der Verwaltung in schwierigen Zeiten die besten
Lösungen für Bogen zu finden.